Not 2 young 2… – Nicht zu jung, um zu…

Was ist Adultismus?

Adultismus ist die Diskriminierung gegen jüngere Menschen, meistens von Erwachsenen gegenüber Jugendlichen und Kindern: „Du bist zu jung, um das zu verstehen“ oder „Warte bis du älter bist!“ sind Äusserungen, in denen Adultismus zum Ausdruck kommen kann; nicht ernst nehmen, nicht entscheiden lassen und Bevormundung. Alle erleben das, wenn sie jung sind und viele betrachten es als alltäglich. Es ist die erste Diskriminierung, auf die alle anderen Arten von Diskriminierung aufbauen. Ältere Kinder behandeln jüngere in derselben Weise. Manchmal nehmen Kinder sich selbst nicht ernst, weil sie Adultismus verinnerlicht haben.

zu einem Adultismus-Selbsttest (45 kB)


Was bewirkt Adultismus?

Die Stimme der Kinder wird oft nicht ernst genommen. Sprüche wie „Dafür bist du zu jung“, „Du wirst das verstehen, wenn du älter bist“, „Das geht Kinder nichts an“ zeigen den Kindern und Jugendlichen, dass ihre Stimmen nicht zählen und sie nicht ernst genommen werden. So lernen viele Kinder, dass sie keine Macht haben (dürfen) und dass Erwachsene bzw. ältere Menschen das Sagen haben.

Adultismus ist so allgegenwärtig, dass man sich daran gewöhnt. Junge Menschen fangen an, das zu verinnerlichen. Sie meinen selber, dass Erwachsene alles besser wissen und bestimmen sollen. Das nennt man „verinnerlichten Adultismus“.

Die Auswirkung davon sind: Junge Menschen nehmen sich selber nicht ernst. Sie vertrauen ihrer eigenen Meinung und Wahrnehmung wenig. Manche resignieren, werden passiv („null Bock Stimmung“) oder unzuverlässig. Andere werden aggressiv und launisch, geben den Schmerz der Unterdrückung weiter- oder zurück (Rebellion). Es gibt auch diejenigen, die selbstzerstörerisch werden. Beispielsweise betäuben sie sich mit Suchtmitteln oder ritzen sich.
Junge Leute gewöhnen sich daran, sich als weniger wertvoll, nutzlos, nicht vertrauenswürdig zu betrachten und zu benehmen. Man traut sich nicht mehr, die eigene Meinung ehrlich und offen zu bekunden: „Ich sage lieber nicht, was ich denke“, „Was bringt das?“ „Ich kann mich gar nicht wehren“, „Sie werden mich sowieso falsch verstehen.“

Von aussen gesehen erscheint verinnerlichter Adultismus als Faulheit oder Bequemlichkeit, als Konsumhaltung oder Hänger-Stimmung. Von innen betrachtet ist es Resignation oder eine Bewältigungsstrategie im Umgang mit Adultismus.
Das Selbstvertrauen wird angeschnitten, so dass man es nicht wagt, Fehler zu machen. „Lieber nichts machen als sich blamieren.“ „Sonst meinen alle, ich bin dumm.“
Junge Menschen nehmen einander nicht ernst, sie werden adultistisch gegen andere junge Menschen: die Grossen auf dem Pausenplatz befehlen die Kleineren herum; die Jüngeren warten darauf, bis sie endlich gross sind und die nächste Generation ähnlich behandeln können. Oder die älteren Geschwister finden, sie sollten über die jüngeren bestimmen; Kinder manipulieren einander, so dass die anderen von Erwachsenen erwischst und bestraft werden.
Was passiert, wenn ein Kind bzw. ein/e Jugendliche/r sich trotzdem ernst nimmt? Der verinnerlichte Adultismus unter den jungen Menschen kommt oft hervor: „Sei nicht so ernst“, „Nimm’s locker“, „Meinst du, dass du so wichtig bist?“, „Streber!“, „Arschkriecher!“

Adultismus funktioniert als eine Grundlage für verschiedene Diskriminierungsarten wie Rassismus, Sexismus und weitere „-ismen“. Kinder lernen früh – und von den Menschen, die sie lieben –, dass Unterdrückung in Ordnung ist. Dieses Muster wird dann in Bezug auf andere Gruppen (Mädchen und Frauen, Menschen anderer Herkunft, Menschen mit Behinderungen usw.) verwendet.

Wenn Adultismus akzeptiert wird, heisst das, dass junge Menschen ihren Gerechtigkeitssinn verleugnen. Schon junge Kinder können scharf zwischen gut und böse, fair und unfair unterscheiden. Auch während sie noch sehr abhängig von Erwachsensen sind, merken Kinder, wenn die Erziehung unterdrückerisch und ungerecht ist. Das erklärt viele Konflikte zwischen Kindern und Erziehenden. Wenn Kinder sehen, dass ihr Sinn für Gut und Böse nicht akzeptiert wird, weicht das Selbstvertrauen der Angst vor der Macht der Erwachsenen.

Die gleiche Dynamik wird auch unter Erwachsenen ausgelebt. Ältere Erwachsene nehmen jüngere Erwachsene beispielsweise am Arbeitsplatz nicht ernst: die „jungen“ müssen warten („Erfahrungen sammeln“), bis sie etwas zu sagen haben. Erwachsene geben sich Mühe, nicht als kindisch betrachtet zu werden und verleugnen ihre Spontaneität, ihre Neugier und ihre spielerischen Seiten (ausser im Kontakt mit jungen Kindern).


Artikel zur Thematik


Plakat

NCBI initierte für das Jahr 2004 eine internationale Initiative zum Abbau von Adultismus. Ein daraus entstandenes kann heruntergeladen oder bei uns per E-Mail an office(at)ncbi.ch bestellet werden.

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Stimmen zum Projekt

Kinder und Jugendliche sind ein Teil der Gesellschaft und müssen deshalb ernst genommen werden. Jung zu sein oder wenig Erfahrung zu haben, heisst nicht, keine Meinung zu haben.

– Corinne Steffen, Sozialarbeiterin, NCBI-Workshopleiterin

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